Blogs als Parasiten

13.06.2007

Jeder, der sich öfters in die Welt der Blogs begibt oder verirrt, kennt das. Die „Großen“ wie Heise, Springer und Konsorten bringen eine Meldung wie „Safari-Browser jetzt auch für Windows“ oder „Paris Hilton wieder frei“, und die halbe Blogosphäre plappert sie mehr oder weniger bewusstlos nach. Manchmal wird sogar einfach nur kopiert, oder es wird schlicht und einfach Content-Syndication betrieben.

Sinnvoll wäre es ja durchaus, wenn die Blog-Beiträge sich als intelligente Kommentare zur Original-News verstehen würden, sozusagen als digitales Leserbrief-Echo aus dem Netz. Doch allzuoft sind es einfach nur verkürzte Wiedergaben oder verkrüppelte Zitate des Originals, mit der zigtausendmal täglich die eigene thematische Ideenlosigkeit übertüncht werden soll. Nun könnte man argumentieren, dass vielleicht nicht jeder Leser alle Original-News liest und stattdessen über ein Privat-Blog seines Vertrauens zumindest eine subjektive Auswahl davon mitbekommt. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob ein Blog, welches das Sprachrohr einer Persönlichkeit sein soll, mit schlecht wiedergekäuten News aus dem Profi-Journalismus tatsächlich sein Ziel erreicht. Und aus Sicht eines Lesers, der News aus der Informationsflut filtern will, ist es wohl besser, auf Feedreader zurückzugreifen.

Robert Niles hat sich schon vor einiger Zeit die Frage gestellt: Are blogs a 'parasitic' medium?. Er fragte ein wenig herum zu dem Thema, und bekam von Rich Gordon, Professor und Direktor für Digital-Technologie in Lehre und Erziehung, unter anderem folgendes zur Antwort (hier übersetzt): „Wer aus der Ecke der traditionellen Medien kommt und glaubt, Blogger seien parasitär, sollte mal den Traffic seiner Website dahingehend analysieren, wie viele Besucher über Links aus Blogs kommen. Wenn es wenige sind, gibt es nichts zu befürchten. Wenn es viele sind, profitiert die eigene Site von den Parasiten. Die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung sollte dann aber wenigstens 'symbiotisch' lauten, nicht 'parasitär'.“

Nun ist an der Argumentation zumindest nachvollziehbar, dass die Original-News-Anbieter oder Mainstream-Medien von Bloggern profitieren, die ihre Meldungen aufgreifen und weitergeben. Wie groß die Besucherströme in dieser Richtung (also von kleinen Blogs hin zu Major-Playern der News-Branche) tatsächlich sind, muss allerdings erst noch erforscht werden. Fakt ist jedenfalls, dass das vielhundertfache „Wiederkäuen“ auch eine Menge zusätzlicher Daten im Web produziert, die beispielsweise von Suchmaschinen verarbeitet werden müssen. Letztere reagieren immerhin so, dass deutlich höher bewertet wird als wortwörtlich nachgeplappertes Zeug.

Publizieren ist kinderleicht geworden. Der Blogger von heute muss nicht mal mehr in die Homepage-Grundschule. Doch dass es auch ohne Autoren geht, ist ein Trugschluss. Autoren, ganz allgemein gefasst als Schaffende von originären, authentischen Inhalten, sind sogar massenhaft erforderlich, wenn das Web nicht zu einer Wüste wiederholter Worte mutieren soll.


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