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Google hatte für den zweiten Tag der Google-I/O-Konferenz eine dicke Überraschung versprochen, und hielt sein Versprechen. Präsentiert wurde ein neues Google-Produkt namens Google Wave. Und das schlägt mitten hinein in den Hype der schnellen und einfachen Kommunikation, der das Web ohnehin seit Monaten brodeln lässt. Es handelt sich um eine in den Browser integrierbare Hybrid-Software für E-Mail, Web-Chat, Instant Messaging, File-Sharing und Projekt-Management. Und wer jetzt nur noch Fragezeichen auf der Stirn hat, dem kann mit einem Screenshot geholfen werden:
Erste Eindrücke von Google Wave
Jede Kommunikationsart über Wave läuft in Echtzeit ab, und zwar so sehr in Echtzeit, dass jeder eingetippte Buchstabe sofort übertragen wird, also ähnlich wie bei Remote-Shell-Arbeiten (SSH, Telnet). Dabei merkt sich die Software offenbar sogar jeden einzelnen Zeitstempel, denn sie ist in der Lage, jede stattgefundene Echtzeitkommunikation in Originalzeit wie einen Film erneut abzuspielen.
Wave übernimmt offenbar viele Konzepte aus Social Networks wie Facebook und Services wie Twitter und kombiniert diese wiederum mit hauseigenen Konzepten aus Google Mail. Ähnlich wie Social Networks arbeitet Wave kontakte-orientiert. Eine Timeline, wie aus Twitter oder Facebook bekannt, dient als zentrale Orientierung.
Wave enthält darüber hinaus Clients für Twitter und andere Services. Nachfolgender Screenshot zeigt Twave, den Twitter-Client für Wave:
Erste Eindrücke vom Twitter-Client, einer Extension für Google Wave
Doch damit noch lange nicht genug. Denn es wird nicht nur die Software namens Wave geben, sondern auch 'Schnittstellen, um Inhalte aus Wave in eigenen Webpräsenzen, Blogs usw. einzubetten. Über die Webseiten können Seitenbesucher wiederum zu neuen Wave-Kontakten werden. Außerdem ist Wave eine gigantische Wikiplattform. Alles, was darin beigetragen wird, kann von allen kommentiert und weiter bearbeitet werden. Verständlicher wird dieses ganze All-in-one-Konzept vielleicht, wenn man sich mal die zentralen Datenstrukturen von Wave ansieht.
Da wären zunächst die Waves. Das sind thread-basierte, also strukturierte Informationen und Konversationen. Man kann eine Wave für sich alleine definieren, aber auch für Gruppen von Usern. Sogar Robots (siehe weiter unten) kann man in eine Wave mit einbeziehen. Eine Wave ist in der Regel etwas Größeres bis sehr Großes, also etwa ein vollständiges Web-Projekt, ein Buch, ein Bauvorhaben oder ein geplantes Event.
Teile solcher Waves sind Waveletes. Wavelets verhalten sich zu Waves wie Meetings zu Projekten, Threads zu Foren oder Aktionen zu einer Kampagne. Es sind definierbare, extrahierbare Ausschnitte von Waves. Die kleinste Einheit, also das, woraus Wavelets und Waves letztlich bestehen, sind Blips. Aber selbst Blips sind keine Trivial-Einheiten wie etwa ein Twitter-Tweet. Blips können Anhänge enthalten, und zwar andere Blips, sowie vollständige Dokumente (z.B. Office-Dokumente, PDFs, Grafiken)
Zu einer Wave kann es ferner Extensions (Erweiterungen) geben, und zwar in Form von zwei Anwendungstypen: Gadgets und Robots. ''Gadgets'' sind die bereits von der iGoogle-Homepage her bekannten und beliebten Anwendungsbausteine, oder auch Facebook-Applikationen. Abenteuerlicher wird es bei den Robots. Diese fungieren als teilnehmende Personen in einer Wave, sind aber Software-Bausteine. Ihre Aufgabe besteht darin, für eine Wave automatisch relevante Informationen beizusteuern. Sie sind also Software-Agenten, die etwa Blogs oder Twitter nach projektrelevanten Stichwörtern durchsuchen und die Ergebnisse beisteuern.
Wem nun bei alledem schwindlig geworden ist, darf sich aber noch mal beruhigt zurücklehnen. Google Waves kann man momentan noch nicht downloaden. Im Laufe des Jahres, heißt es bei Google.
Weitere Informationen:
- wave.google.com
- Google-Wave-API
- Could Google Wave Redefine Email and Web Communication?
- Twave: Google Wave + Twitter
- Google Wave: A complete Guide
- Fotostrecke
Und nicht zu vergessen natürlich das "We-proudly-present"-Video von der I/O-Conference, für das man allerdings etwas Zeit haben sollte:
Das Logo von Google Wave
Weitere Informationen zu Wave innerhalb dieses Blogs:
Ein weiterer Schritt in Googles Welteroberungsstrategie.
Danke für den Blog-Eintrag. So bin ich gewarnt!
Wenn das ein Erfolg wird, dann hat Google es nicht nur geschafft, dass viele Menschen ihre Termine, Mails und News mit Google verwalten, sondern fast die gesamte Kommunikation - es fehlen nur noch VoiP-Dienste. Ich bin zwar begeistert von der Innovation und der Umsetzung neuer Technologien, aber ob das nicht doch langsam zu gefährlich für die Privatsphäre ist?
Hallo Markus,
ein wichtiger Hinweis vielleicht noch zu Wave, der im Blogbeitrag zu kurz kam: Wave ist kein reiner Hosting-Service von Google, so wie Gmail oder Google Docs. Es ist nichts Geringeres als ein neuer Internet-Dienst, neben WWW, E-Mail usw. Also eine Software-Infrastruktur, bestehend aus Server, Client und einem eigenen Datenübertragungsprotokoll anstelle von HTTP, SMTP usw. Google wird natürlich selber attraktive Server- und Client-Software für den neuen Dienst anbieten, und das, was man in dem Video sieht, ist einfach die von Google geplante Client-Software. Aber das einzige, was verbindlich sein wird, ist das Wave-Protokoll (so wie man nur E-Mail benutzen kann, wenn man sich an Protokolle wie SMTP oder POP3 hält). Server und Clients für Wave sollen auch von anderen Anbietern entwickelt werden können, und außerdem kann Wave auch außerhalb des Google-Hosting-Imperiums installiert werden.
Google hat bei alledem natürlich einen klaren Heimvorteil, und den werden sie voll ausspielen: mit einem Client, der schwer zu toppen sein wird, und mit einer attraktiven Hosting-Lösung, wie User von GMail oder Google Docs sie längst schätzen. Es bleibt also abzuwarten, wie viel Interesse auf Entwickler- und User-Seite besteht, Google Wave aus der Google-Hosting-und-Default-Software-Umgebung herauszulösen.
viele Grüße
Stefan Münz
…und genau hier setzt die Frage nach Zielgruppen und Nachfrage an. Da ein Protokoll ähnlich wie ein internationaler Standard selbst keinen Profit bringt, kann das nicht rein angebotsorientiert funktionieren. Ebenso wichtig wie eine enthusiastische Entwicklergemeinde sind "Agenten" (Multiplikatoren, Kommunikationsmenschen) der zukünftigen User, die die zukünftige Nachfrage modellieren und die Entwicklergemeinde motivieren, das Protokoll aufzugreifen und entsprechende Applikationen zu basteln (Serversoftware, Clients, Robots und Gadgets).
Das ist insbesondere wichtig, um Richtungen angeben zu können, was (neben den ganzen unvermeidlichen Spielereien wie real-time-multiple-user-quiz und wave-Schach) wirklich gebraucht wird. Wer hat Lust, daran mit zu arbeiten?
Ich bin kein Programmierer und eigentlich auch kein tech-geek, aber auf etwas wave-Ähnliches warte ich seit Langem.
Konkret:
- Wer kann mir für meine Organisation (www.foeeurope.org) auf der Basis von wave einen email-kompatiblen wave server bauen. Unser IT Mensch wird begeistert davon sein und mti Freuden von unserer kostenpflichtigen derzeitigen Lösung weggehen.
- Unsere Campaigner arbeiten Tag und Nacht, Politik zu beeinflussen und in internationalen, mehrsprachigen Netzwerken zu kommunizieren. Für die Kommunikation über das klassische Tool Website bleibt da wenig Zeit. Unsere Website ist ab Klickebene 2 heillos veraltet und wird nicht systematisch upgedatet. Wer kann unserem zukünftigen wave.server beibringen, dass seine clients (wir campaigner) bestimmte wavelets und Dokumente mit einem Fingerstreich ordentlich getagged und kategorisisiert online publiziert und unsere Million Mitglieder in Europa (die genaue Zahl weiß ich gar nicht, aber in Deutschland sind es 400.000) das ihren thematischen Vorlieben entsprechend im gleichen Augenbilick in ihrer Inbox finden.
- Als die Finanz- und Wirtschaftskrise losbrach, waren die Kritiker der Deregulierungsagenda, die uns das eingebrockt hat, in heller Aufregung. Hunderte namhafte zivigesellschaftliche Organisation begannen gleichzeitig und parallel mit der Analyse des Problems. Bis heute ist wenig gemeinsame Strategie dabei herausgekommen obwohl die inhaltlichen Gemeinsamkeiten gewaltig sind. Das Problem: die Komplexität des themas und der Agenda. viele Perspektiven, Themen, etc. Wie kann das wave.protokoll helfen, dass viele Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven effektiver und effizienter miteinander kommunizieren?
:Daniel
Blog zum Thema
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Lieber Stefan,
danke für deinen deutschen Beitrag zu Google Wave. Habe es auf WaveCamp.org als deutsche Info angegeben.
http://WaveCamp.org dient als Netzwerk der Vorbereitung und Planung eines German Wave Camp 2009 in Berlin sowie dem monatlichen WaveWednesday in Berlin.
Diese (Un-) Konferenzen sollen dazu beitragen die gesellschaftliche Innovation rund um das Google Wave Federation Protocol in Deutschland zu fördern und die an diesem Ziel Interessierten miteinander zu verbinden.
Das Netzwerk ist offen für alle, die gerne mitmachen!
Es wäre schön, dich dort auch zu sehen Stefan und wenn du dein Know-how miteinbringst! :)
Liebe Grüße
Ingmar
Hallo Ingmar,
das ist ja wirklich eine Ehre, als die deutschsprachige Infoquelle genannt zu werden, wo doch so ziemlich alle darüber berichtet haben :-))
Ist ja spannend, wie emsig da schon organisiert wird! Hoffentlich packt ihr das organisatorisch noch, wenn der Google Client erst mal draußen ist …
Ich hatte schon mal begonnen, die Spec zum Wave-Protokoll duchzulesen, um vielleicht mal einzelne interessante Aspekte daraus in einem Blogeintrag zu beleuchten. SELFWAVE gibts dann später — muss aber nicht von mir sein (hallo Haifischies, bis auf selfwave.com sind alle wichtigen selfwave-Domains noch frei ;-)
Bisher sind meine Kenntnisse in der ganzen Sache auch eher bescheiden bis gar nicht vorhanden. Es sind eher ungefähre Ahnungen davon, wie das alles funktionieren soll. Und viele, viele Fragezeichen, die sich wohl erst lichten werden, wenn man den Google-Wave-Client mal selber ausprobieren kann.
Mein Weg nach Berlin ist leider nicht der nächste, aber ich helfe gerne im Rahmen meiner Möglichkeiten hier, in Twitter und Facebook, und irgendwann hoffentlich auch in Wave selbst, z.B. um Missverständnisse über Wave aus dem Weg zu räumen.
viele Grüße
Stefan Münz
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