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Wer mal wieder ein allgemein zustimmendes Kopfnicken braucht, kann zum Beispiel die Unverbindlichkeit der allgegenwärtigen elektronischen Kommunikation beklagen und noch hinzufügen, wie viel verbindlicher und nachhaltiger echte Freundschaften seien. Damit demonstriert man Problembewusstsein und signalisiert menschenfreundliche Geselligkeit. Es ist auch zwecklos, dagegen zu argumentieren. Die Echtzeitkommunikation auf allen Kanälen mit allen möglichen Leuten führt definitiv zu weniger Anhänglichkeit und Abhängigkeit. Hoppla — was haben wir da gerade gesagt?
Egal — weiter im Text. Auch der „Ankläger“, ein Verfasser, bei dem es keine Rolle spielt, wer er ist, benötigte über die Weihnachtsfeiertage offenbar ein solches Kopfnicken. Und so schrieb er einen durchaus lesens- und nachdenkenswerten Beitrag mit dem Titel Das Paradoxon unseres Informationszeitalters. Darin beschreibt er sehr überzeugend, wie sehr gerade jüngere Menschen, die wissen, wie das Internet funktioniert, mit dem Zurückgewiesenwerden durch nicht beantwortete Mails oder Messages fertig werden müssen. Da ihnen die Unfehlbarkeit der Technik bewusst ist, wissen sie, dass eine ausbleibende Antwort nichts anderes bedeuten kann als unverhohlene Abweisung. Der Verfasser nennt das die „Quote der gescheiterten Unterhaltungen“ angesichts der permanenten elektronischen Erreichbarkeit. Und er leitet aus dem Phänomen eine Verbindlichkeitsskala ab, auf der Kommunikationsformen um so höher anschlagen, je traditioneller sie sind, während neue und neueste elektronische Kommunikationsformen immer unverbindlicher werden.
Auf Fälle, in denen einzelne Mails oder Messages sehr wohl hohe Verbindlichkeit erreichen können, wie etwa im Geschäftsleben, möchte ich jetzt nicht eingehen. Eigentlich möchte ich die Beobachtungen und die Argumentation des Artikels auch gar nicht grundsätzlich entkräften. Stattdessen möchte ich dem Artikel einen anderen gegenüberstellen, der sich um die gleiche Grund-Thematik dreht, dabei jedoch zu einer ganz anderen Bewertung kommt.
Der Artikel von Stefan Lesting trägt einen reißerischen Titel: WOW – Hier kommt/ist das Web 3.0! Nun hat sich das Web 2.0 allein schon deswegen tot gelaufen, weil „Irgendwas 2.0“ am Ende praktisch eine Formulierung des Bratwurst-Journalismus geworden ist. Stefan Lesting hebt indes einen Aspekt hervor, den man tatsächlich als post-Web2.0-charakteristisch werten kann: das Netz ist im Alltag allgegenwärtig und bewirkt neuartige Formen der Alltagskommunikation. Als Beispiel nennt er die sogenannten Twittagessen — manchmal (wie auf der verlinkten Website) frühzeitig und öffentlich organisierte, manchmal aber auch flashmobartig und spontan über Twitter vereinbarte Treffen in einem Lokal. Menschen, die ohne Berührungsängste aufeinander zugehen und sich schnell lebhaft unterhalten, als ob sie sich seit langem kennen und lange nicht gesehen haben. Doch sie kennen sich nur als Follower aus Twitter. Sie treffen sich zu einem Mittagessen und gehen dann wieder ihre Wege. Vielleicht werden sie sich auch öfters treffen, vielleicht entstehen auch einige echte Freundschaften dabei. Doch das ist nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist: die neuen, elektronischen Kommunikationsformen bewirken kurze und unverbindliche, aber häufig interessante und damit nachhaltige RealLive-Begegnungen zwischen Menschen.
Gerade die Mischung aus Interesse und Unverbindlichkeit schafft das produktive Klima, den Freiraum jenseits der Erwartungen, die das Zusammensein unter Kollegen, Cliquen, Kumpeln, Kameraden und Kränzchen oft unnötig beklommen und verkrampft machen. Das Rad des Ixion steht, wie Schopenhauer sagen würde, für die Zeit eines interessanten Twittagessens still. Die Stachelschweine, so würde Schopenhauer weiter ausführen, haben den optimalen Moment innerhalb des Dilemmas gefunden. Wenn sie nämlich alleine sind und frieren, kommen sie zusammen, um sich aneinander zu reiben. Dabei tun sie sich mit ihren Stacheln allerdings so weh, dass sie gleich wieder in alle Winde zerstreuen und lieber alleine sind und frieren (und immer so weiter).
Freilich lässt sich da manches Gegenargument finden. Diese smarten, netz-affinen People mit ihren schicken Smartphones und betont (nach)lässigem Business-Look (typischer Vertreter: Marcell Davis, aber auch eine Reihe renommierter Blogger und Evangelisten aller Art), die sich vorzugsweise in Großstädten und Intercity-Zügen aufhalten — diese New-Economy-Klasse und Kern der Twitteria, das ist natürlich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung. Wenn sich solche Leute treffen, mag ein Twittagessen ein produktives Erlebnis sein. Doch was, wenn sich erst mal Proletariat und Prekariat zu Dönerbuden-Sturm-Flashmobs zusammenrotten? Auch das ist dann eine Folge der schönen, neuen, elektronischen Unverbindlichkeit.
Doch andererseits: sind Mob-Bildung und Lust am Lynchen eine spezifische Folge unverbindlicher Kommunikation? Nein, gerade unter dem Deckmantel von ideologischem Zugehörigkeitsgefühl sind die schlimmsten Verbrechen der Menschheit begangen worden. Bekannt ist auch, dass die meisten Vergewaltigungen, Kindesmisshandlungen und Morde im familiär verfestigten, menschlich ausweglosen Umfeld geschehen. Ist ein Mehr an unverbindlicher Kommunikation, wie sie die neuen, elektronischen Kanäle fördern, also letztlich ein heilsamer Ausweg aus einer sozialen Enge, die moderne Menschen nicht mehr aushalten?
Das endlose Hin und Her der Argumente lässt sich bei Fragen, wie wir sie im Titel dieses Blog-Artikels gestellt haben, eigentlich nicht beseitigen. Es wäre jedoch fahrlässig, von Entwicklungen wegzusehen oder Beobachtungen nicht ernst zu nehmen. Und zu den beobachteten Entwicklungen gehört auf jeden Fall, dass die Masse an unverbindlicher, aber produktiver Kommunikation zwischen Fremden zunimmt. Zum einen Teil ist diese Entwicklung gesellschaftlich bedingt. Zum anderen wird sie durch die neuen Kommunikationskanäle massiv verstärkt. Denn erst die neuen Kommunikationskanäle ermöglichen vielen Menschen, alternative Kontakte zusätzlich zu ihren herkömmlichen, milieu-bedingten Kontakten herzustellen. Das führt mittel- und längerfristig zu sozialen Erosionserscheinungen. Investierte Zeit verändert sich, gefühlte Aufenthaltsorte verändern sich. Die verbindliche und nachhaltige, die echte Kommunikation relativiert sich. Das mag man schrecklich finden. Doch wie dumm ist es wirklich?
Ein für mich wichtiger Aspekt dieser ortlosen, elektronischen Kommunikation ist, dass man beispielsweise in Themen-Foren oder auch bei Facebook Leute trifft, mit denen man sich über persönliche Interessen und Themen austauschen kann, für die man in seinem direkten Umfeld keinen Ansprechpartner findet.
Man fühlt sich dann eben nicht mehr so als Exot, wenn man dank Internet merkt, dass man mit einigen seiner Interessen/Vorlieben nicht alleine ist.
Interessante Gedanken. Ich möchte aber eigentlich nur auf einen kleinen Satz eingehen: "Doch was, wenn sich erst mal Proletariat und Prekariat zu Dönerbuden-Sturm-Flashmobs zusammenrotten?" Puh. Ich möchte dem Autor wahrlich nicht unterstellen, dass er die Implikationen tatsächlich seine eigenen nennt. Leider ist das im Kontext nicht wirklich als Ironie zu erkennen, sondern wird tatsächlich als "Gegenargument" benutzt.
Was sollte denn bitte das Problem an einem Dönerbudenflashmob des "Proletariats" sein? Was der qualitative Unterschied zu einem Flashmob der besser situierten oder (aus-)gebildeten? Hier wird Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlich kritisch beäugten sozialen Schicht mit einer potentiellen Gefahr für die Allgemeinheit verknüpft (Lynchen??) Da tun sich Abgründe auf.
Ich hänge mich normalerweise nicht an solchen Einzelheiten auf, wenn es insgesamt eigentlich um etwas anderes geht. Aber in diesem Fall trägt das Mokierte zur schleichenden sozialen Spaltung bei. Das muss nun wirklich nicht sein.
Hallo Tobias,
danke für deinen Hinweis! Welche verborgenen Abgründe du in mir sehen magst, überlasse ich dir. In jedem Fall nutze ich die Gelegenheit, um mich von Implikationen der Art "wenn sich Geringverdienende und Hauptschüler zusammenrotten, ist das schlimmer, als wenn Gutverdiener und Studenten es tun" zu distanzieren. Gemeint war in der Argumentation die Nähe von unverbindlichen Kommunikationszusammenschlüssen und mob-artigen Zusammenrottungen, nicht bezogen auf bestimmte Gesellschaftsschichten.
viele Grüße
Stefan Münz
Hi Stefan,
dem Verfasser, bei dem es "keine Rolle spielt, wer er ist" habe ich geschrieben:
"Im übrigen hat man auch im Netz die Wahl, wie persönlich und verbindlich, verlässlich und vertrauenswürdig man sich verhält! Für mich gehört zu meinen Webauftritten auch mein Name, ein Impressum, eine Verortung eben in der realen Welt, die es jedem gestattet, auf „verbindliche“ Weise mit mir in Kontakt zu treten. Und ich mache damit klar, dass ich zu dem stehe, was ich schreibe – auch gegenüber Menschen, denen das evtl. nicht gefällt.
Wenn man sich aber stets in der Anonymität aufhält, muss man sich nicht beklagen, dass die so entstehenden Kontakte äußerst flüchtig und unverbindlich bleiben!"
Ich verstehe die Klage über die "vielen unverbindlichen Kontakte" im Grunde auch als Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Denn ich habe ja weder Lust, noch Zeit, noch Ressourcen um mit Hunderten, gar Tausenden (im Lauf der Jahre sammeln die sich…) Kontakt zu haben wie zu alten Freunden. Das Telefon nutze ich sehr viel weniger, seit es E-Mail gibt - es ist mir auch in Handy-Form keine "Befehlsstruktur", die mich verpflichtet, fortwährend ansprechbar zu sein. Und weil das so ist, fühle ich mich auch nicht "kalt abgewiesen", wenn ich nur den AB erreiche, wenn ich jemanden anrufe.
Es sind nie die Geräte, sondern die Menschen und ihre Verhalten, die Glück oder Unglück fühlen lassen.
Insgesamt begrüße ich es, zu vielen Menschen "unverbindlichen" Kontakt zu haben: entlang an meinen vielen, in der Intensität und über die Zeit doch recht schwankenden und sich verändernden Interessen. Das Phänomen "Mitmensch on demand" sehe und beschreibe ich schon lange, es zeigt sich auf allen Ebenen: man joggt kollektiv, fährt in Massen/Großgruppen Rad, geht ins Museum (lange Nacht…), steht (offenbar gern) in langen Schlangen vor großen Ausstellungen an, sammelt sich vor öffentlich aufgestellten Bildschirmen bei besonderen Ereignissen, besucht Mega-Partys - und vorgestern war der Welt-Kuscheltag, in Berlin umarmten sich unter dieser Überschrift massenhaft fremde Menschen.
Es wird immer einfacher, die menschlichen Grundbedürftigkeiten (bemerkt werden, Austausch, Zuwendung) in spontanen Gruppen-Aktionen zu befriedigen. Die Unverbindlichkeit macht es leicht, sich zu öffnen und so zu zeigen, wie man ist, bzw. sich zumindest nicht bewusst zu verstellen.
Da die menschlichen Bedürftigkeiten ja oft genug größer sind als das, was das konkrete Umfeld leisten kann und will, finde ich das insgesamt eigentlich gut. Man darf sich nur nicht der Täuschung hingeben, "Mitmensch on Demand" könne ALLES leisten, was man bisher nur von Liebesbeziehungen und echten Freundschaften erwartet hat (auch da sind ja oft genug die überzogenen Erwartungen der Konfliktstoff!).
Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird, wenn das Netz auch im Lokalen ein spürbarer "Teil des Alltags" wird. Bisher sehe ich da nur den kommerziellen Sektor (Kneipen, Läden, "Locations", Events…) aktiv. Kann mir aber auch im sozialen Bereich sehr viel vorstellen, z.B. an gegenseitiger Hilfe (Krankenbesuche, Elternhilfe, Bürgerengagement aller Art) - allerdings widerspricht das dann schnell dem Bedürfnis nach Anonymität und Unverbindlichkeit, das das Leben in den Städten bisher ausmachte. Vielleicht ist genau DAS der Grund, warum das Netz im Lokalen noch nicht so boomt…
Hallo Stefan,
vielen Dank für die Klarstellung. Ich bin wie gesagt auch nicht davon ausgegangen, dass es so gemeint war, wie es bei mir als Leser ankam. Leider werden solcherart Vorstellungen in der letzten Zeit viel zu häufig auch gemeint und deshalb finde ich, dass man manchmal etwas mehr auf eigene Formulierungen aufpassen sollte, um dem nicht unbewusst zuzuarbeiten. :)
Zum eigentlichen Thema des Artikels: Es wird ja gern und oft unterstellt, dass mit der Zunahme der gelegentlichen, unverbindlichen Internetkommunikation die "eigentlichen" sozialen Interaktionsfähigkeiten der Menschen abnehmen. Meine Meinung und Erfahrung ist ebenso wie die von Stefan Lesting definitiv eine andere: Bisherige Formen des sozialen Umgangs werden durch das Internet und um unverbindlichere Formen erweitert. Dabei geht keineswegs etwas verloren. Auch und gerade jüngere Menschen, die mit dem Gedanken des always-on aufwachsen, bleiben mitnichten allein vor dem PC sitzen um ausschließlich mit ihren "virtuellen" Freunden zu kommunizieren bzw. verzweifelt auf deren Antwort zu warten. Sie treffen sich ebenso real auf der Straße oder sonstwo wie andere früher. Moderne elektronische Kommunikation hilft allerdings diesen physischen Rahmen zu erweitern und nicht selten erwächst aus einer Bekanntschaft aus dem Netz ein engerer Kontakt (eine meiner liebsten Freundinnen hat ihren jetzigen Mann und Vater ihres Kindes über das Netz kennen gelernt). Wie gesagt: so ein Verbinden der Sphären Unverbindlichkeit/Internet und Freundschaft/Realität ist nicht nötig, damit es für den Betroffenen einen Nutzen hat. Darüber hinaus ist es aber möglich.
Oh, eins meiner Themen *grinst*. Freilich eins, von dem ich auch wenig Ahnung habe (jaja: auch!), aber an dem ich gerade deswegen mich gerne abarbeite. Äh: auch abarbeite.
Wir haben deswegen "wenig Ahnung", weil wir gerade in einem Umbruch sind. Oder Wegbruch. Oder Neu-Nuancierung. Oder Zubruch. Oder sonst was! Was, werden die nach uns kommenden mal rückwirkend erforschen können. Wir stehen ja davor, dadrinnen oder wenigstens haben wir ein Bein drinnen. Selbst das wissen wir eigentlich auch noch nicht so genau. Wir frickeln halt alle herum, was ja nicht unspannend ist.
Sehr schön finde ich Claudias Hinweis, daß wir ja auch netzlos uns vielen unverbindlichen Kontakten hingeben. Für mich ist der Urlaub zum Beispiel eine immer schöne Zeit, endlich mal wieder Kontakt zu Leuten zu bekommen, mit denen ich sonst eher nichts zu tun habe und wo ich nach dem Urlaub auch froh bin, wenn selbst das Weihnachtskartenschreiben bald wieder einschläft. Gleichwohl war der Kontakt IM Urlaub ein ehrlicher intensiver und freundschaftlicher bis naher.
Aber wie dem auch sei, wir stolpern eben zum Teil auch darüber, daß wir bisherige kontaktmechanismen wertungstechnisch ins Internet übertragen und umgekehrt. Und das geht nur wirklich teilweise. Wenn überhaupt.
Nachfolgende Generationen werden wahrscheinlich "uns "erst mal genauer studieren müssen, um überhaupt zu verstehen, wo wir in unseren Einschätzungen stolperten. "Schulthema 2063: wie haben sich Menschen früher nur kennengelernt und welche Regeln gab es da?"
Persönlich mag ich im Netz die verschiedensten Kontaktstufen sehr leiden. Wie die Blog-mitkommentatoren, die ich danach nie wieder sehe, deren Gespräch ich aber "Ortsgebunden" sehr geschätzt habe, die alten Nasen, denen man immer mal wieder begegnet und sich daran erfreut das sie nicht wegbrechen (wie bei mir Stefan oder Claudia), die Leute, die man ins "Familiäre Umfeld zieht" (persönlich gehört da dann ein Real-Raumkontakt dazu, aber das ist nur mein Ding) und und und.
Was ich allerdings auch nicht mag sind vollkommen anonymisierte Kontakte, da verweigere ich schnell die Kommunikation. Liegt aber vielleicht einfach an mir, deswegen kann ich auch da nicht werten.
DAS alles wird sich aber weiter wandeln, weil wir noch zu der Generation gehören, die "Verbindlichkeitsmechanismen" der Vornetz-Zeit teilweise mit einer Erwartungshaltung in das Netz eins zu eins transportieren. Nach uns kommende werden ihre Erwartungsregeln gleich im Netz "entwickeln" beziehungsweise "erlernen" und da gar nicht mehr so stolpern.
Äh: glaube ich.
Es gibt längst eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Konventionen, die sich im Netz entwickeln, da müssen wir zum Glück nicht auf spätere Generationen vertrauen. Die CMC-Forschung und Pragmatiker (in linguistischer Lesart) nutzen zum Beispiel den Begriff "Face" - ganz so, wie es der unbedarfte Leser vielleicht über Asien weiß: Es gibt soziale Konventionen, was in der Kommunikation angemessen ist, und wie jemand sein Gesicht verlieren oder wahren kann.
Daraus ergeben sich funktionale Gründe, warum in manchen Gesprächssituationen gewisse Verhaltensweisen akzeptierter sind als andere. Im Alltagsgespräch jemanden ständig zu unterbrechen oder einen gleichzeitigen Redefluss aufrecht zu erhalten, wird in der Regel schnell zum Unmut der Konversationsteilnehmer führen. Im Chat ist das hingegen die Kommunikationsnorm. Dafür wird im Chat Themenbezug strikter gehandhabt.
Die "Oberflächlichkeit" sind häufig nur andere Bewertungen von "Face" in einer nicht-direkten Gesprächssituation. Es geht nicht um "Traditionalität" sondern um funktionale Beschränkungen der Gesprächssituation. Wie oft bleiben wohl altmodische Briefe unbeantwortet?
Die moderne und unverbindliche Kommunikation hat wie ja gut hervorgehoben wurde sowohl viele Nachteile, als auch Vorteile.
Viele der Veränderungen wie die sozialen Erosionserscheinungen betreffen bislang auch und vor allem jüngere Generationen, doch die langfristigen Auswirkungen sind noch gar nicht sichtbar und nur schwer bis gar nicht abzuschätzen.
Es wäre ebenso möglich, dass die Auswirkungen welche wir heute sehen in 20 Jahren noch die gleichen geblieben sind und sich die verbindlicheren Kommunikationsformen immer weiter relativieren, als auch, dass diese unverbindliche Kommunikation zu Veränderungen der sozialen Strukturen führt die wiederum verbindlichere und nachhaltigere Kommunikationsformen entwickelt oder fördert.
Wie dumm diese unverbindliche Kommunikation also wirklich ist werden wir womöglich erst viel später erfahren, wenn überhaupt!
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