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Aus meiner Affinität zu Google-Produkten mache ich eigentlich keinen Hehl. Ich nutze Google Apps mit GMail, Kalender, Docs und Wiki. Der Chrome-Browser ist die erste und manchmal einzige Anwendung, die ich lokal starte (auch beruflich abeite ich vorwiegend direkt auf Servern), meine Fotos landen, wenn sie von der Kamera kommen, üblicherweise in Picasa und dann in Picasa Web. Über Google Wave habe ich schon dies und das geschrieben, und seit gestern nutze ich auch Google DNS. Bin ich also willfähriger Teil des bösen Masterplans?
Anlass dieses Beitrags ist ein @Webkompetenz-Tweet, der mich über Twitter erreichte. Opferwurst fragte, ob ich nicht etwas unkritisch gegenüber Google sei. Die durchaus freundlich gemeinte Anfrage betrachte ich mal als „Stöckchen“. Auf Twitter habe ich Opferwurst geantwortet, dass ich nach Jahren Erfahrung mit Google keinen Grund sehe, kein Vertrauen in Google zu haben. Wer möge, dürfe das unkritisch nennen. Ein paar weitere Gedanken zu dem Thema erscheinen mir allerdings angebracht. Argumente, die noch nie gedacht wurden, sind wohl nicht dabei, aber manchmal besteht ein Artikel auch nur darin, eine Reihe von Gedanken und Argumenten an einem Ort zu versammeln.
Zunächst einmal ist dabei zu klären, welche Gefahren hier eigentlich im Raum stehen. Meines Erachtens sind es die beiden folgenden:
- Google ist ein Monopolist. Monopolisierung verhindert freien Wettbewerb, führt am Ende zu teueren Knebelverträgen, willkürlichen Einschränkungen und Zensur.
- Google ist eine Datenkrake. Das Unternehmen sammelt persönliche Daten und benutzt diese im günstigsten Fall für personalisierte Werbung, im ungünstigsten Fall zur Denunzierung bei Ermittlungsbehörden oder zum Verkauf an Unternehmen, die für detaillierte Persönlichkeitsprofile viel Geld zahlen.
Beide Punkte zusammengenommen führen zur Vorstellung einer Übermacht, die arglose Internet-User mit attraktiven Angeboten lockt, dabei unauffällig ihre Daten aussaugt, dadurch immer mächtiger wird und am Ende die ganze moderne, hochdigitalisierte Welt nach Belieben und eigenen Interessen steuert. Kritiker entwerfen ganz konkrete Szenarien davon, wie sich das 1998 als klassische Garagenfirma gegründete Google schon in den nächsten Jahren die eigentliche Weltherrschaft sichert. Bekannt ist in diesem Zusammenhang das Google Epic Video, eine Zukuftsvision von Robin Sloan und Matt Thompson über die fiktive Entwicklung von Google und der Medienorganisationen bis zum Jahr 2015. Das aus dem Jahr 2007 stammende Video liegt auch in deutscher Übersetzung vor. Für alle, die es noch nicht nicht kennen:
Für das Jahr 2008, das vom Redaktionszeitpunkt des Videos aus gesehen das erste Jahr der Zukunft war, sagt das Video den Zusammenschluss von Google und Amazon zu einem Megakonstrukt namens Googlezon voraus. Zumindest das ist nicht eingetroffen. Doch die zentrale Vision des Videos ist ja auch eine andere, nämlich das „Evolving Personalized Information Construct“ (EPIC), eine Art lernfähiger, persönlicher digitaler Assistent, der jedoch keine vom Benutzer selbst und freiwillig eingesetzte Software ist, sondern eine vom allmächtig gewordenen Google im Netz bereitgestellte Software-Intelligenz, die das Netzverhalten des Benutzers analysiert und daraus personalisierte und optimierte Inhalte für ihn generiert. Die Vision erinnert ein wenig an den Film Matrix, in dem das, was die Menschen als real erleben, in Wirklichkeit eine personalisierte, software-gesteuerte Welt ist.
Zwei Argumente möchte ich zu dem Video zu bedenken geben: das erste ist, dass Menschen zwar durchaus personalisierte Nachrichten und Inhalte zu schätzen wissen. Genau das ist der Grund, warum Services wie Twitter oder Facebook so beliebt sind. Andererseits wollen die meisten Menschen jedoch auch authentische, unabhängige News und Inhalte, die nicht nur auf ihre persönlichen Vorlieben und ihren Horizont zugeschnitten sind. Denn nur durch die Konfrontation mit „unpassenden“ Inhalten entwickeln Menschen sich weiter, und das wissen sie auch. Sie werden sich also nicht so schnell von einem unauffällig installierten System nur noch personalisierter Inhalte einlullen lassen, aus dem einfachen Grund, weil sie nicht verblöden wollen.
Das andere Argument hat gar nichts mit dem Inhalt des EPIC-Videos zu tun, sondern mit der Tatsache, dass das oben eingebettete Video von YouTube stammt. YouTube gehört, wie man weiß, zu Google. Auch im Angebot von Google Video ist das das Video zu sehen. Google hat also offenbar nicht das geringste Problem mit solchen Inhalten. Dazu passt auch eine Initiative, die Google unlängst gestartet hat, nämlich die Data Liberation Front. Dabei geht es darum, Usern, die von Google zu Konkurrenzanbietern wie Yahoo, Microsoft oder anderen wechseln möchten, die Mitnahme ihrer E-Mails, Dokumente, Adressbücher, Kalenderinhalte und anderer Daten so einfach wie möglich zu machen. Niemand hat Google zu dieser Initiative gezwungen. Doch sie hilft der sogenannten Datenkrake aus Mountain View sehr überzeugend, dem Argument zu begegnen, User durch hinterlegte Daten so zu binden, dass an einen Wechsel zu anderen Anbietern gar nicht mehr zu denken sei.
Auf unternehmenseigenen Servern werden also unternehmenskritische Inhalte verbreitet, und Kunden wird der Weggang von Google möglichst einfach gemacht. Zentrale Software-Entwicklungen wie Chrome, Wave oder Android werden unter OpenSource-Lizenz gestellt, was Code-Kontrolle, freie Nutzung und Weiterentwicklung unter gleicher Lizenzform ermöglicht. Natürlich kann man das alles madig reden, genauso, wie man die relativ unbekannte Hilfsorganisation Google.org oder die Tatsache, dass die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin ihr jähliches Einkommen auf einen symbolischen Dollar eingefroren haben, als gutmenschliche Ablenkungsmanöver abtun kann. Auch das zu all dem passende, fast schon naive Unternehmensmotto Don’t be evil bietet genügend Angriffsflächen für süffisante Witzeleien.
Ein wichtiger Trugschluss vieler Google-Kritiker besteht meines Erachtens darin, dass sie allein aus der Größe und Bedeutung des Unternehmens negative Absichten ableiten. Google spielt in der Liga von General Motors oder Gazprom, also muss es korrupt, machtgierig und sozial unverträglich sein. Ein Narr, wer so einem gefräßigen Giganten irgendwelche persönlichen Daten anvertraut. So das Einvernehmen. Dabei wird jedoch verkannt, dass Google völlig andere Unternehmensstrukturen hat und völlig andere Leute an die Schaltstellen lässt. Nerds, die, wenn man ihnen eine Milliarde Dollar Spielraum gibt, nichts besseres zu tun haben, als sich eine damit finanzierbare, tolle neue Cloud-Computing-Lösung auszudenken. Die dann wieder ein voller Erfolg wird, der von Kritikern als weiterer Beweis der „wahren“ Absichten von Google gewertet wird.
Besonders krass wehte dieser selbstherrliche Kritiker-Wind im Herbst 2008, als Google für viele ziemlich überraschend seinen Browser Chrome heraus brachte. Gefühlte 98% der deutschen Blogosphäre gefiel sich, angeheizt von einer Bundesbehörde, die vor Jahren auch JavaScript erst einmal als böse Gefahr anprangerte, in warnend erhobenen Zeigefingern bezüglich des neuen Browsers, wegen dessen Eigenschaft, pro Installation eine eindeutige ID an Google zu übermitteln. Während Chrome international mit Neugier und Experimentierlust begrüßt wurde, schien sich in Deutschland eine Art Kollektiv-Paranoia über das Land zu verbreiten, die zumindest bei mir ganz ungute Lämpchen im Kopf blinken ließ. Das liegt daran, dass ich gefährliche Denkweisen manchmal wo ganz anders rieche als da, wo sie die meisten anderen riechen. Nämlich nicht bei der bösen, mächtigen Datenkrake aus Kalifornien, sondern bei einer bestimmten Sorte von vorzugsweise in Deutschland vorkommendem Oberlehrertum.
In einem lesenswerten Artikel über Google hat Kristian Köhntopp vor einigen Wochen herausgearbeitet, dass es bei Google nie um Macht ging, sondern einfach nur um die Erforschung der Informationssphäre mit selbst erwirtschafteten Mitteln. Die U.S.S Enterprise des digitalen Universums gewissermaßen. Köhntopps Analyse befreit endlich mal von dem 20th-Century-Gedanken, dass Geld immer nur Machtgier erzeugt, egal in wessen Hände es gerät. Das Netz hat nämlich nicht nur Blogger, Networker, OpenStreetmap-Kartografen und das Cluetrain-Manifest hervorgebracht. Es hat auch Unternehmen hervorgebracht, die das Cluetrain-Manifest kennen. Google gehört meines Erachtens dazu, auch wenn es sich vielleicht nicht krampfhaft an alle Cluetrain-Forderungen zu halten versucht.
Meine persönlichen Erfahrungen mit Google runden das Bild ab. Seit etwa drei Jahren nutze ich Google-Anwendungen täglich und intensiv. Ich hatte in dieser Zeit nie den Eindruck, als ob meine Daten in irgendeiner Form für irgendetwas „verwendet“ worden wären — außer für kontext-sensitive und personalisierte Werbeanzeigen, was in den Nutzungsbedingungen ja ausdrücklich drin steht. Die meisten der Mail- oder Hilfeforum-Anfragen, die ich bislang an Google hatte, sind zumindest nach einer Weile beantwortet worden — keine 100%-Quote, aber auch keine schlechte Quote jedenfalls angesichts der Tatsache, dass ich alle Google-Services kostenlos nutze. Wenn ich das mit so mancher Provider-Hotline vergleiche, ist der Unterschied ganz offensichtlich. Nachdem ich im Hilfeforum selbst einige Fragen anderer Teilnehmer beantwortet hatte, bekam ich von einer Google-Mitarbeiterin eine zweifellos ehrlich gemeinte Danke-Mail.
Drei Jahre Erfahrung sind kein halbes Leben, und wenn Google heute aus lauter smarten Mitarbeitern besteht, muss das in zwanzig Jahren nicht noch genauso sein. Doch wer mit solchen Argumenten Vertrauen verweigert, muss sich irgendwann auch mal fragen lassen, wo denn dieses so sorgfältig zurückgehaltene Vertrauen anderweitig investiert wird, und ob überhaupt, oder ob da nur anerzogenes Misstrauen gegenüber allem ist.
Bei Recherchen zu diesem Artikel bin ich übrigens fast auf diese Meldung hereingefallen. Dumm, dass bei Google auch Aprilscherze ganzjährig gefunden werden. Verbesserungsvorschlag an Google: alles, was an einem 1. April veröffentlicht wird, kann nur an diesem Tag gefunden werden.
Nach dem Miterleben der »Deutschen Meinung« im letzten Jahr (vor allem zu Chrome, wie du auch anführst, aber auch generell zu Google) fiel es mir schwer, Google nicht zu hassen. Nach deinem Blogartikel fiel es mir schwer, Google nicht zu lieben. Was der Fehler der Gesellschaft ist, und was das Internet meiner Meinung nach noch stärker imminentisiert als irgendein anderes Medium, ist die Neigung ihrer Mitglieder, sich von den Meinungen anderer verführen zu lassen. Vor allem, wenn diese Meinung ohnehin schon von vielen geteilt wird. So haben nur ein paar zu schreien angefangen, Google sei böse, und die halbe Welt zieht mit, weil ja ohnehin alle Konzerne böse sind. Dein Artikel scheint mir fast ein bisschen zu positiv gefärbt, aber er macht klar, wie wichtig es ist, eine eigene Meinung, einen neutralen Standpunkt (daher der Wikipedia-bezogene Titel ;-)) zu bewahren. Auch ich kam vorhin (unabhängig von deinem Artikel) zu dem Schluss, dass die Meinung, Google sei böse, nicht generell richtig sein kann. Mein Ausgangspunkt dafür war der Datenskandal um haefft.de und die Tatsache, dass solche Skandale schon vielen kleineren, aber profitgierigeren Playern im Web zugestoßen sind, Google aber meines Wissensstandes noch nie.
Kurz: Guter Artikel, der eine Meinung konträr zur Masse hat und belegt, sowas ist nur zu befürworten.
—Xjs.
Hallo Xjs,
vielleicht sollten wir noch dazu schreiben, dass NPOV im Wikipedia-Slang für "Neutral point of view" steht und das Ideal des wertneutralen Standpunkts bezeichnet, den Wikipedia-Autoren einnehmen sollten, wenn sie über meinungsbehaftete Themen, Personen oder Fakten schreiben.
Es stimmt sicherlich, dass Blog-Artikel dazu neigen, persönliche Meinungen, oft auch nur "Allgemeinungen" wiederzugeben. Was ich aber nicht weiter schlimm finde. Selber versuche ich darauf zu achten, dass ich Passagen, in denen ich persönliche Meinungen wiedergebe, irgendwie als solche kenntlich zu machen. In diesem Blog-Artikel über Google benutze ich beispielsweise häufiger als sonst das Wort "ich", was regelmäßigen Lesern vielleicht als Signal verstehen, dass ich in diesem Artikel besonders viel Wert darauf lege, nur für mich gehalten zu werden, und nicht für den Verkünder der letztgültigen Wahrheit.
Aus Rezipientensicht ist es einfach wichtig, dass die Leute lernen, dass Blogartikel meistens keine "Nachrichten" sind, sondern am ehesten dem entsprechen, was im Qualitätsholzmediendeutsch als "Kolumne" bezeichnet wird. Etwas, das als Input für eigene Gedanken dienen soll, aber nichts zum unbedachten Nachplappern ;-)
viele Grüße
Stefan Münz
Es kommt im Netz noch ein weiteres hinzu: man ist im Netz (jaja, fast) immer nur dafür oder dagegen. Das dramatisiert Bewegungen auch noch mal künstlich.
Chräcker
Neben der Dataliberation Front war das vor kurzem frei gegebene Google Dashboard eine weitere vertrauensbildende Maßnahme. Und Chrome (der Browser) ist einfach Klasse ;-)
Hallo Peter,
stimmt, das Dashboard hatte ich ganz vergessen!
Just heute hat Google übrigens schon wieder was getan, das neue Diskussionen auslösen könnte: Ausdehnung der personalisierten Suche auch auch nicht angemeldete User. Aus juristischer Sicht sieht Thomas Stadler da eine neue Datenschutz-Debatte auf uns zukommen (danke an Thomas übrigens für das Update seines Artikels mit dem Hinweis auf diesen Artikel hier ;-)
viele Grüße
Stefan Münz
Heute bereits bei Spiegel-Online angekommen: Wie Sie sich vor Google verstecken
…und hier geht's gleich weiter: Google will die Weltherrschaft
… ist ja auch meine Rede! Wir erleben den Durchbruch eines neuen Zeitalters, in dem Daten eine andere Bedeutung haben werden als früher. Und niemand erschaudert so schön wie die Teutonen ;-)
viele Grüße
Stefan Münz
Ich halte die Frage danach, ob Google Böses plant oder nicht, für irrelevant. Sie könnten die Daten irgendwann zu Vorgängen benutzen, mit denen ich nicht einverstanden bin. Oder sie an Leute geben (müssen), die das tun. Das genügt mir.
Die »Zwangspersonalisierung« der Suchergebnisse für alle, die nicht mit Cookies umgehen können, ist ein guter Wegweiser für die weitere Reise …
Ehrlich gesagt, Stefan, verstehe ich dich in diesem Punkt überhaupt nicht. Du solltest nach so vielen Jahren Netzerfahrung doch am besten wissen, daß Datenhygiene etwas anderes ist als Paranoia.
Ich benutze Google Chrome nur für Wave, ansonsten kann ich damit mangels Mindestschriftgröße nichts anfangen. Googles Cookies lösche ich automatisch, wenn ich den Browser beende, und ansonsten benutze ich nur die Webmastertools – daran führt ja kein Weg vorbei, und nur deshalb habe ich ein Mailkonto dort.
Google Analytics blockiere ich komplett, und die anderen Dienste (Docs, Wiki etc.) verwende ich nicht.
Mein Mißtrauen gilt nicht Google speziell, sondern einfach jedem, den ich im Falle eines Mißbrauchs nicht in die Verantwortung nehmen kann.
Was ist daran schlecht? Wer hat einen Nachteil davon? Und warum sollte ich mich »fragen lassen, wo denn dieses so sorgfältig zurückgehaltene Vertrauen anderweitig investiert wird«?
Wir sind doch in diesem Punkt niemandem Rechenschaft schuldig.
Hallo Toscho,
Das könnte dein ISP ebenfalls. Und erst Recht dessen Backbone-Provider. Oder GMX, oder Web.de, oder wo immer du deine Alltagsmails hostest. Auch jeder Anbieter von Websites, die du besuchst, könnte das, was du in seinen Logfiles hinterlässt, nicht in deinem Sinne nutzen. Du kannst auch nicht wissen, wer übermorgen mit wem fusioniert und Daten zusammenschmeißt, falls du darauf spekulierst, durch Datensplitting mehr Sicherheit zu haben. Da mit Eventualität zu argumentieren halte ich für eine recht wackelige Sache.
Ansonsten wollte ich mit meinem Artikel durchaus nicht dem unbedachten Umgang mit eigenen Daten das Wort reden. Dass du es so verstehst, bestätigt leider meine Vermutung, dass viele Leute immer noch die Verwendung von Google gleichsetzen mit Dateninfantilität. Oder hast du deine Kreditkarte auch schon gekündigt? Und wenn nicht: wo sind die Grenzen dessen, ab der eigene Daten versteckt werden sollten? Oder ist das nicht vielleicht auch eine individuelle Grenze, die jeder für sich selber finden muss?
Ich bin sogar ziemlich sicher, dass jeder diese Grenze für sich selber finden muss. Hat was mit Willensfreiheit zu tun. Aber aus eben diesem Grund blogge ich eben auch mal gegen "vorherrschende" Ansichten, die ich für "indoktrinierte" Ansichten halte, und dazu gehört eben auch die hierzulande so verbreitete Google-böse-Absichten-Lehre.
viele Grüße
Stefan Münz
Hallo Stefan,
Die haben jeweils nur einen kleinen Teil der Daten, und ich komme nicht um sie herum. Wichtige Mails laufen übrigens über meinen eigenen Server (der auch nicht zu 100% sicher ist, ich weiß).
Naja, die Wahrscheinlichkeit für das Zusammenführen der Daten sinkt enorm, je breiter sie verteilt werden. Und Daten aus unterschiedlichen Quellen lassen sich schwerer kombinieren als solche aus einem Bestand.
Ich führe tatsächlich zwei Konten, eins ohne Kreditkarte. Die Grenze der Datenhygiene ziehe ich entlang des Minimums: Wenn es notwendig ist (ISP), gebe ich die Daten her, ansonsten nicht.
Das Problem hierbei ist die Kompetenz: Wer weiß schon, was notwendig ist und was nicht? Wer programmieren und mit Datenbanken umgehen kann, sieht das bestimmt deutlicher als jemand, der über dieses Wissen nicht verfügt.
Das ist die technische Seite. Es gibt aber auch eine emotionale: Ich habe sehr konkrete Erfahrungen mit dem Ausgespähtwerden. Und dieses Gefühl vergißt man nicht. Es hält einen wach.
Ich sehe das wie beim Überqueren einer Straße: Man kommt meisten auch auf die andere Seite, ohne vorher nach links und rechts zu gucken. Aber eben nur meistens. Deshalb sieht man immer erst nach, ob die Straße frei ist. Wer in den heranfahrenden Autos sitzt (Google, Microsoft, Apple, …). spielt keine Rolle.
Gruß
Thomas
Toscho kann ich seiner Kritik nur zustimmen.
Eine Sammlung von öffentlichen Daten, wie sie Googles Suche sammelt, ist sicherlich nicht schlecht für die Nutzer. Aber eine große Menge an persönlichen Daten, die "auf einem Haufen" liegt, birgt immer Gefahren. Dass die Daten für kontextbezogene, personalisierte Werbung benutzt wird, stört mich (dank Adblock und angewöhnter Werbeblindheit) nicht. Was aber passiert, wenn die Daten in unbefugte Hände gelangen? Es könnten schließlich E-Mails (Kontakte), Lesegewohnheiten (Reader), Interessen (Suche, Analytics) zusammen mit der Bereitschaft, wo man Geld ausgeben würde (Google Ads), sein …
Diese Masse an Daten ist m.E. eine neue Qualität. Problematisch ist natürlich nur, dass Google einfach mal sehr gute Produkte entwickelt …
Hallo Marc,
Jetzt bin ich mal wieder ganz naiv und frage: in wessen Hände? Ob Ermittlungsbehörden, sollten sie mich wegen irgendwas verdächtigen, meine lokalen Festplatten konfiszieren oder meine virtuelle Google-Partition, würde irgendwie keinen großen Unterschied machen, finde ich — es wäre so oder so eine Verletzung persönlicher Integrität im Namen von Law and Order. Und sonst? In die Hände von anderen Unternehmen? Inwiefern können diese anderen Unternehmen mir konkret damit schaden? Außer dass sie mich wieder auf personalisierte Weise anbaggern könnten? Wie gesagt, ich begebe mich mal ganz bewusst aufs Parkett der Naivität, um einfach noch mal explizit die Aufzählung der schrecklichen Dinge rauszukitzeln, die mir mit meinem Google-Konto widerfahren könnten …
viele Grüße
Stefan Münz
Die jüngsten Datenskandale (SchülerVZ u.v.m.) zeigen ja, dass Nutzerdaten nicht unbedingt nur an die Vertreter von Recht und Ordnung gelangen können.
Ein Unternehmen, das meinen Postkasten, sei es virtuell oder real, mit Werbung füllt, finde ich schon sehr unangenehm. Je nach Menge und Auswertung der Daten kann es ja nach durchaus plausiblen Angeboten aussehen. Die ich aber doch halt gerne selber einholen will.
Ein materieller Schaden entsteht sicherlich kaum. Oder kaum sichtbar, wenn der Zeitaufwand zur Durchsicht von Spam und/oder Werbeprospekten stärker steigt.
Anders sieht es natürlich aus, wenn Kriminelle an meine Daten kämen. Bestellungen auf meinen Namen samt Lieferung an Mittelsleute, Packstationen o.ä.
Wenn meine Daten, Fotos, E-Mails durch einen Fehler, Hack o.ä. für alle öffentlich wären, freute mich das auch nicht. Meine Surfgewohnheiten online? Die Zeit, die ich im Internet verbringe? Vielleicht sogar während der Arbeitszeit – ein sicherlich interessanter Fund für den Arbeitgeber …
Viele Grüße
Marc
Was für eine naive Weltsicht. 1. google ist eine Aktiengesellschaft. Die kann morgen aufgekauft werden. Der CEO kann wechseln. Oh weh, google könnte insolvent werden, siehe Quelle. 2. Ein Hacker kann die Daten unbemerkt abziehen. Ein Mitarbeiter kann einen Fehler machen! 3. Ein neues Regime kann gesetzliche Grundlagen zur Datenherausgabe schaffen.
Insofern könnte man argumentieren, wir müssten alles tun, damit das nicht passiert, google nach Kräften unterstützen, Werbelinks immer anclicken, google Aktien kaufen, yahoo nicht benutzen usw.
Besser ist es, den §3a BDSG wirklich versuchen zu leben und auf Scheinvorteile zu verzichten, wenn sie unverhältnismässig erscheinen.
Zu versuchen aus der Vergangenheit auf die Zukunft zu schliessen, ist jedenfalls wenig zielführend.
Guter Beitrag, dessen Kernaussage ich weitgehend zustimme. Allerdings verlasse ich mich dabei weniger auf persönlich motivierte Momentaufnahmen - für mich ist Google weder gut noch böse -, sondern ganz pragmatisch auf das Funktionieren demokratischer Strukturen. Würde Google anfallende Daten tatsächlich in durch Gesetze und Geschäftsbedingungen nicht abgesicherter Form missbrauchen, dann würde das mit großer Wahrscheinlichkeit recht schnell herauskommen und ihr Geschäftsmodell gefährden.
Deshalb sollte man m. E. sein Hauptaugenmerk als Nutzer und Bürger nicht auf einzelne Unternehmen richten, sondern auf die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie agieren. Einfach gesagt: Je strenger die Gesetze, desto höher das Risiko, umso geringer die Wahrscheinlichkeit von Verstößen.
Insofern bin ich überzeugt davon, dass politisches Engagement - im weitesten Sinne - in Sachen Datenschutz weit mehr bringt als das modegewordene Google-Bashing. Ich selbst nutze nun seit gut einem halben Jahr Google Docs und -Mail. Ganz einfach deshalb, weil mich die Produkte überzeugt haben. Ausschlaggebend war dann letztlich die Überlegung, wer bei einem Missbrauch meiner Daten mehr zu verlieren hat. Und das ist für mich der springende Punkt: Datenmissbrauch muss richtig teuer sein. Für Google und jeden anderen.
"Je strenger die Gesetze, desto höher das Risiko, umso geringer die Wahrscheinlichkeit von Verstößen."
- Da kann ich einfach nicht mitgehen. Verbiete einem Kind Alkohol und Zigaretten immer und ohne Ausnahme. Das einzige was Du erreichst, ist das es eins davon heimlich probiert oder gerade deshalb sogar beides.
Da bringt Offenheit wohl mehr.
Wie überall, oder?
Es wird Zeit, dass Gesetze endlich wieder als allgemeine Leitsätze verstanden werden.
Hammurabi wußte das.
"Gehe nicht bei Rot über die Ampel." - ist ja schön und gut, aber wie weiter?
Jedes Kind würde fragen: "Warum?" und man würde antworten: "Damit Dich kein Auto überfährt."
Was aber wenn weit und breit kein Auto in Sicht ist?
Im Idealfall sollte das Kind, dank guter Erziehung (der Eltern!) trotzdem den Schalter drücken.
Doch nach einer halben Stunde, oder wenn ich sehe, dass die Ampel mitten in der Sahara ist und selbst in 20 Kilometern Entfernung kein Auto kommt, würde ich auch bei Rot rüber gehen.
Bin ich deshalb ein Verbrecher? Und wenn ja: Wem schade ich? Dem Verfasser des Gesetzes?
Bin ich deshalb ein schlechter Vater?
Weil ich meiner Tochter beibringe Gesetze zu achten - solange sie Sinn machen?
Die von Dir beschriebene Politik hat meiner Ansicht nach das 21. Jahrhundert verschlafen…
Und da die Masse entscheidet, ist es wahrscheinlicher das der Innovations-Drang von Google eher früher als später an die Leine gelegt wird. Ob das gut ist, ist eine andere Frage.
Ob Datenschutz hierfür der richtige Vorwand ist noch eine ganz andere…
Daher sollte man sich bezüglich der Selbstbestimmung über seine Daten engagieren.
Da hast Du Recht.
Aber Google ist da meines Erachtens der bessere Ansprechpartner.
CDU? SPD? …sonst eine Partei?
Eher nicht…
"Was aber wenn weit und breit kein Auto in Sicht ist?"
Jeder begegnet irgendwann dieser Situation. Und mir ist da zum Glück gleich die Wilhelm-Tell-Saga eingefallen. Da hatte der Fürst/Potentat (Gessler) Stangen mit seinem Hut aufstellen lassen, den die Bürger grüßen sollten, um ihre Ehrerbietung und Untertänigkeit auch in seiner Abwesenheit zu demonstrieren.
Ich hab mich gegen das Gessler-Hut-Grüßen entschieden, und bin dabei geblieben. Nur manchmal bleib ich stehen, und warte, bis es GRÜN wird - anwesender Kinder zuliebe.
Ich glaube auch nicht, dass Google böse ist. Die ganzen Web-Anwendungen sind interessante Demonstrationen, was so alles machbar ist. Ich würde sie allerdings nie für "wichtige" Dinge benutzen (das betrifft nicht nur Google). Ich kenne sogar Leute, die haben einen separaten PC ohne Internetverbindung für ihre "wichtigen" Dokumente. Aber das ist wohl eine Frage der "Generation". Ich käme auch nicht auf die Idee, mich bei Facebook & Co. anzumelden und dort persöliche Dinge über mich reinzusetllen. Bei der heutigen Schüler-Generation ist das absolut selbstverständlich und aller Tratsch und Klatsch wird halt im Internet ausgetauscht. Einerseits ist da wohl kein so großes Bewusstsein mehr für Privatsphäre und Datenschutz, andererseits scheint es einfach nicht mehr so wichtig zu sein.
Mich persönlich stört das aber nicht weiter, es muss ja niemand solche Dienste nutzen. Problematisch könnte höchstens sein, wenn unbedarfte Benutzer mit guten und kostenlosen Diensten "verführt" werden, ohne wirklich zu wissen, was die Gegenleistung dafür ist. Geschenkt bekommt nichts, das darf man halt nicht vergessen.
Nachtrag (sorry, jetzt wird's etwas offtopic):
Mag sein, dass ich für dieses ganze Web-2.0-Zeug einfach zu blöd bin und es mich deshalb so kalt läßt.
Das hier …
… habe ich gerade zum Anlass genommen, mir mal wieder Twitter anzuschauen. Wie funktioniert das mit dem "@Benutzer"? Wie kann ich die Postings (oder wie auch immer das bei Twitter heißt) zusammenführen, die zusammengehören? Also dass ich nicht auf @Benutzer klicken muss und in der Liste nach dem vorausgegangenen Eintrag suchen muss.
Hallo Alex,
Wenn du einem Benutzer auf einen seiner Tweets direkt antworten willst, steht beim Tweet die Reply-Funktion zur Verfügung. Wie du die erreichst, hängt vom verwendeten Twitter-Client ab. Um zusammengehörige Tweets als Thread zu sehen, musst du einen Twitter-Client verwenden, der das unterstützt. Der Standard-Webclient von Twitter bildet das nicht ab. Ich bin irgendwie bei ITweet hängen geblieben, einem relativ unbekannten Twitter-Webclient. Ist nicht sehr spektakulär und vielleicht auch optisch nicht ganz Mac-edel-like, aber recht zuverlässig und genau um die Funktionen erweitert, die ich am normalen Webclient vermisse. Dazu gehört auch die Abbildung von reply-to's.
viele Grüße
Stefan Münz
Aha, das geht also von Haus aus gar nicht. Twitter-Client, hm… ob ich mir das noch antun soll? Jedenfalls danke für die Info!
Es ist gerade das Tolle an Twitter, dass es recht wenig "von hause aus" bietet - und binnen kürzester Zeit jede Menge Aps vielerlei zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung stellen. So bleibt Twitter selber relativ EINFACH und ist somit für viele leicht benutzbar.
Hallo,
guter Beitrag, fast die Gründe für die meiner Meinung nach ebenfalls größtenteils überzogene Kritik an Google sehr gut zusammen. Um die Unmengen an Daten im Internet zu sichern, wird man um einen Monopolisten wie Google nicht herum kommen.
Grüße
Gretus
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