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Die „Economist Intelligence Unit (EIU)“ des zahmen IT-Riesen IBM führt seit dem Jahr 2000 eine globale Studie mit dem Titel „E-Readiness“ (frei übersetzt: „Internet-Reife“) durch. Die Studie vergleicht einzelne Länder im Hinblick darauf, wie gut diese politisch, juristisch und ökonomisch auf das Internet vorbereitet sind. Für jedes Land werden die untersuchten Aspekte bewertet, woraus am Ende ein Score auf einer Skala von 1 bis 10 errechnet wird, der wiederum die Platzierung (das Ranking) der einzlenen Länder bestimmt. Jährlich erscheinen einmal neue Ergebnisse. Welche Rückschlüsse lassen die Ergebnisse dieser Studie über Deutschland zu?
Studienergebnisse (PDF)
Aufmerksam geworden bin ich auf die Studie über den Artikel Schlechte Politik lässt Deutschland in Internet-Rangliste zurückfallen, der vor einigen Tagen in den F.A.Z-Blogs erschienen ist. Auch in anderen News-Organen hat die diesjährige Veröffentlichung der IBM-Studie dieser Tage für Schlagzeilen gesorgt. Um einen bessern Überblick über die Studie zu erhalten, machte ich mich auf die Suche nach den bisherigen jährlichen Publikationen. Leider fand ich keinen zentralen Ort dafür, auch nicht auf der Website der EIU. Aus den verschiedensten Quellen konnte ich ein Set von PDF-Dokumenten zusammenstellen, das die Jahre 2002 bis 2009 widerspiegelt (siehe Downloads rechts).
Entwicklung in Deutschland
Verfolgen wir in diesen Veröffentlichungen die Scores und Rankings von Deutschland, so ergibt sich folgendes Bild:
Jahr | Rang | +/- Vorjahr | Score | +/- Vorjahr |
---|---|---|---|---|
2002 | 8 | +4 | 8,25 | ? |
2003 | 13 | -5 | 8,15 | -0,10 |
2004 | 13 | 0 | 7,83 | -0,22 |
2005 | 12 | +1 | 8,03 | +0,20 |
2006 | 12 | 0 | 8,34 | +0,31 |
2007 | 19 | -7 | 8,00 | -0,34 |
2008 | 14 | +5 | 8,39 | +0,39 |
2009 | 17 | -3 | 7,85 | -0,54 |
Die Tabelle zeigt zwar keine dramatischen Entwicklungen, weder nach oben noch nach unten. Über die Jahre betrachtet lässt sich jedoch feststellen, dass der Trend tendenziell eher nach unten zeigt als nach oben. Seit drei Jahren jedenfalls kann Deutschland nicht mehr an die Positionen der früheren Jahre anknüpfen, geschweige denn, dass eine Entwicklung nach oben in Sicht ist.
Entwicklung in Dänemark
Es auch anders, wie das Beispiel Dänemark zeigt:
Jahr | Rang | +/- Vorjahr | Score | +/- Vorjahr |
---|---|---|---|---|
2002 | 7 | +2 | 8,29 | ? |
2003 | 2 | +5 | 8,45 | +0,16 |
2004 | 1 | +1 | 8,28 | -0,17 |
2005 | 1 | 0 | 8,74 | +0,46 |
2006 | 1 | 0 | 9,00 | +0,26 |
2007 | 1 | 0 | 8,88 | -0,12 |
2008 | 5 | -4 | 8,83 | -0,05 |
2009 | 1 | +4 | 8,87 | +0,04 |
Im Jahr 2002 lag Dänemark gerade einen Rang vor Deutschland, mit unwesentlich höherem Ranking. Danach jedoch katapultierte sich der kleine nordische Nachbar an die Spitze der Charts und konnte die Top-Position vor anderen Ländern der Spitzengruppe, wie USA, Schweden, Norwegen, Schweiz, Hongkong oder den Niederlanden mit einem Außreißer nach unten verteidigen.
Kaffeesatzleserei
Die vollständigen Tabellen in den PDFs lassen natürlich Spielraum für die unterschiedlichsten Interpretationen, Vergleiche und Orientierungen. Wenn den Deutschen vorgehalten wird, dass die kleinen Nachbarn wie Niederlande, Dänemark oder Schweiz in gewissen Bereichen erfolgreicher oder weiter entwickelt sind, wird hierzulande zur Verteidigung gerne mit der Größe und internen Struktur-Problemen wie der Eingliederung Ost argumentiert.
Auffällig ist jedoch, dass Deutschland eigentlich eine starke Fraktion von Netz-Aktiven hat, eine Menge Internet-Professionals beherbergt, eine gut ausgebaute eigene Bloggerszene, und zahlreiche Firmen, die sich redlich darum bemühen, Positionen im Internet jenseits der reinen Visitenkarte zu besetzen. Es kommen also tatsächlich nur die Politik und die rechtlichen Rahmenbedingungen, die ja ebenfalls von der Politik geschaffen werden, als Bremse in Frage. Eine Politik, die kein konsequentes und gerechtes Konzept für den Breitbandausbau hat. Eine Politik, die nicht in der Lage ist, das unsägliche deutsche Abmahnunwesen im Netz unter Kontrolle zu bekommen. Eine Politik, deren höchste Repräsentanten geradezu als internet-infantil zu bezeichnen sind, die im Netz nichts anderes sehen als Gefahren und Praktiken, die sie nicht mehr verstehen und deshalb verbieten wollen.
Das drückt sich besonders krass in einer Detailzahl aus der aktuellen 2009er-Studie aus. In der Bewertungskategorie Policy and vision kommt Deutschland auf einen indiskutablen Score von 6,50 (Dänemark: 9,65). Kurzum: von Regierungen wie der gegenwärtigen hat das Netz in Deutschland nichts zu hoffen außer magere Erfolge.
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