Sozialsemantik oder Cloud-Computing?

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Man macht sich halt so seine Gedanken, wenn man mal einen Moment Zeit hat, den Laptop auf dem Schoß und ein gutes Glas Rotwein neben sich, wie das bei alten Männern der Neuzeit so üblich ist. Man liest seinen Feedreader, informiert sich über die Web-2.0-Konferenz re:publica'09, spielt ein wenig mit einer gepriesenen Online-Grafik-Anwendung herum, und im Kopf buhlen Schlagwörter wie Semantisches Web, Social Media und Cloud Computing um Beachtung. Es gibt durchaus unterschiedliche Richtungen, in die sich das Web weiterentwickeln könnte. Denn dass es sich weiterentwickelt, steht außer Frage. Schon in wenigen Jahren wird man über Microblogging und Website-Wigdets mit der gleichen Überheblichkeit lächeln, mit der man das heute über altbackene Homepage-Bastler tut, oder über Blogger, die immer noch eine Tagcloud auf ihrer Site haben.

Insgesamt sehe ich zwei Hauptrichtungen: Die eine, hier mit "Sozialsemantik" bezeichnet, besteht im Zusammenwachsen von websemantischen Ansätzen (XML, Mikroformate, RDF, HMTL5-Section-Elemente) mit dem erfolgreichen Bereich der Social Networks. Es werden neue, plattformübergreifende Standards für persönliche Profile entstehen, und für die Abbildung von Beziehungsstrukturen, außerdem für die Zuordnung von Webpublikationen und user generated Content in verschiedensten Webprojekten zu persönlichen Profilen. Dazu gesellt sich ein übergreifendes Netz an Verstichwortung, Bewertungen und Statistik.

Die andere, die wir mit dem bekannten Buzzword "Cloud-Computing" bezeichnen, ist die Radikalisierung des bereits deutlich erkennbaren Trends, als geeigneten Ort für persönliche oder Unternehmens-Daten nicht mehr die Festplatte eines lokalen Rechners zu betrachten, sondern das Netz. Und zwar so, dass man in der Lage ist, sich davon zu lösen, wissen zu müssen, wo die eigenen Daten sich eigentlich befinden. Eigentlich nichts anderes als das, was vor Jahrzehnten bereits mit dem Geld geschehen ist, als Banken, Kreditkarten, Börsen und Geldanlagen ins Leben der Bevölkerung traten. Irgendwann wird es dann sicher auch zu großen, weltweiten Cloud-Krisen kommen ;-)

Beide Richtungen können sicherlich friedlich koexistieren, ohne sich was zu tun. Es könnte jedoch auch dazu kommen, dass eine Richtung das Netz stärker für sich beansprucht als die andere. So sind im Bereich Cloud-Computing eher millionenschwere Geschäftsmodelle vorstellbar als im Bereich reiner intelligenter Vernetzung. Fällt das Gebot der Netzneutralität, könnten finanzstarke Cloud-Anbieter soziale, kommunikative und semantische Aspekte immer mehr Datenübertragungsanteile abringen. Aus sozialen Netzwerken würden bedrängte soziale Nischen, in denen die Wut brodelt. Führende IT-Techniker dieser Fraktion könnten unter Berufung auf Revolutionshelden früherer Zeiten und auf Hacker-Ethik sehr effiziente Attacken gegen die Cloud ausüben. Ein digitaler Krieg könnte entstehen, der etliche reale Unternehmen und Existenzen als Opfer hat.

Naja, so oder ähnlich. Ups, der Rotwein ist alle ;-)

(dieser Beitrag wurde übernommen aus dem früheren Webkompetenzforum, dort am 10.04.2009 gepostet)

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